Sonne, (Wind) und Meer vor der spanischen Küste. Winter, grau, kalt und nass. Nicht die perfekten Bedingungen, um segeln zu gehen.
Trotzdem fuhr ich im Januar nach Bremerhaven, um dort wieder „warm“ zu werden mit meiner Europe. So warm, wie man bei -4 Grad und einer leichten Eisschicht auf dem Wasser halt werden kann. Aber warum das Ganze? Es stand definitiv etwas deutlich Besseres in Aussicht, denn Anfang Februar hieß es für mich: Auf nach Spanien zur Europameisterschaft.
Ich bekam die Möglichkeit, dass einige andere deutsche Europeseglerinnen mein Boot mit nach Spanien nehmen würden und ich wie eine echte Prinzessin hin- und zurückfliegen könnte. Wer kann zu so einer Möglichkeit schon nein sagen? Also ging’s für mich am ersten Februar-Wochenende zum Flughafen und dann ab nach Torrevieja (Südostspanien). Am Flughafen zu stehen und zum Segeln zu fliegen, war definitiv ein neues Gefühl für mich, denn normalerweise fahren wir unsere Schiffe ja immer selbst zu Regatten.
Gelandet in der spanischen Sonne hieß es erstmal in Ruhe ankommen, Schiffe bereit machen und vor der anstehenden Regatta schon mal ein paar Tage das Revier kennenlernen. Am Mittwoch dann fix angemeldet und der Eröffnungsfeier gelauscht, hieß es dann von Donnerstag bis Sonntag: Rauf aufs Wasser und Regattasegeln.
Die Starts waren morgens immer bereits um 10 Uhr angesetzt, sodass keine Zeit zum Trödeln blieb. Am ersten Tag der Regatta erwarteten uns ca. 15 Grad, Sonne, Wind und Welle. Ein absoluter Traum. Der Wind drehte zwar, wie es ihm am besten gefiel, und über 7-8 Knoten kamen wir auch nicht drüber, dennoch war es ein schöner erster Segeltag. Nereits hier wurde klar: Die Konkurrenz ist verdammt stark. Ich beendete den ersten Tag auf einem soliden 23. Platz im Mittelfeld. Am Abend trafen wir uns gegen 20:30 Uhr noch einmal im Hafen zum Essen. Typisch Spanien, gab es zunächst vier verschiedene Vorspeisen. Bis zum Nachtisch vergingen einige Stunden, sodass wir erst gegen 23 Uhr zurück zur Unterkunft liefen.
Auch am nächsten Morgen hieß es erneut: 10 Uhr Start. Der Tag sollte so einiges für uns bereithalten. Insgesamt waren drei Rennen angesetzt. Wie eigentlich jeden Tag begann der Morgen mit leichtem Nordwestwind, der gegen Mittag abnahm. Nun gut, heute nahm er bereits am Start von leicht auf sehr leicht ab.
Ich versuchte mich über einen guten Start und anschließend der linken Kreuzseite hoch zur Luvtonne zu arbeiten. Aber was soll ich sagen? Auf der rechten Kreuzseite setzte kurz nach dem Start 20 Grad weiter rechts ein Hauch mehr Wind ein. Die ersten gingen bereits mit 5 Minuten Vorsprung um die Luvtonne. Naja, was soll’s. Während der Wind immer weiter abnahm und ich nun versuchte, fast auf meinem Tank in Lee sitzend, Luvkrängung zu vermeiden, entschied sich der Wettfahrtleiter, die Bahn zu verkürzen und die ersten Segler nach dem ersten Halbwind ins Ziel zu holen. Verdammt. Bei dem immer noch weiter abnehmenden Wind gab es für knapp ein Drittel des Feldes keine Chance mehr das Ziel zu erreichen. Ich schaffte es noch, einige Schiffe gut zu machen und mich bis eine Bootslänge vor das Ziel zu kämpfen. Kurz vorm Ziel verließ mich dann auch der letzte halbe Knoten Wind und gab mir keinen Vortrieb mehr, sodass ich es genau nicht mehr ins Ziel geschafft habe. Die Zielflagge ging vor meinem Bug runter und das Zielschiff fuhr zurück in Richtung Start.

Es ist wie es ist, ca. 10 Minuten später setzte die Thermik aus Ost ein und die anderen beiden Rennen segelten wir bei immer weiter zunehmendem Wind und ordentlich Welle. Selbst Flagge O wurde im zweiten Rennen gezogen. Einfach herrlich. Das waren die Bedingungen, die ich mir vorgestellt hatte. Am Ende des langen Tages hatte ich schon fast wieder vergessen, was am Morgen in der ersten Wettfahrt los war.
Aber wie sagte der Wettfahrtleiter so schön: „At least it was fair for half of the fleet.“ Durch die nicht beendete Wettfahrt verlor ich einige Plätze. Was soll’s, es standen ja noch 5 weitere Wettfahrten an. Auch an diesem Abend gab es wieder gutes Essen im Club.

Auch am nächsten Tag standen wieder drei Wettfahrten an. Wie immer schien die Sonne. Aber gab es auch Wind? Der Morgen begann jedenfalls erstmal mit Warten an Land. Nach ca. 1,5 Stunden wurde Flagge Delta dann endlich hochgezogen und es ging rauf aufs Wasser. Wie immer startete der Tag mit Nordwestwind. Auch heute lag die Tonne wieder sehr weit unter Land und wir hatten zu Beginn nur eine sehr kleine Welle. Heute hatte ich Glück mit meiner Kreuzseite und es lief insgesamt deutlich besser. Auch beim zweiten Rennen hatte ich wieder den richtigen Riecher für die richtige Kreuzseite.
Insgesamt waren die Bedingungen allerdings wieder super schwierig. 30–40 Grad Dreher und Windstärkenunterschiede auf den Seiten zeichneten die beiden Rennen aus. Das dritte Rennen des Tages wurde dann aufgrund mangelnden Windes abgebrochen. Schade eigentlich, denn ich hatte mich gerade auf Position 3 vorgefahren.
Also hieß es wieder warten, warten, warten und hoffen, dass sich die Thermik durchsetzt. Und nach ca. 1h bei 19 Grad Lufttemperatur auf dem Wasser siegte die Thermik gegen den Nordwind und wir konnten den Tag mit einem schönen Rennen bei 8-9 Knoten Wind und Welle beenden.
Da der Tag auf dem Wasser sehr lang war, stand am Abend nur noch Packen und Schlafen auf dem Programm, denn zwei Wettfahrten fehlten noch.

Am letzten Tag gab es eine etwas verwirrende Steuerleute-Besprechung. Der Wettfahrtleiter redete wie immer nur auf Spanisch und der englische Übersetzer übersetzte meist nur die Hälfte vom Gesprochenen. Ging es jetzt raus aufs Wasser oder nicht? Naja, jeder Segler verstand es anders und so warteten wir bereit für den Tag an unseren Booten, um schnell aufs Wasser zu können. Ca. 30 Minuten später war es dann so weit und wir segelten raus für die letzten Wettfahrten der Regatta.
Was soll ich sagen? Es war nicht mein Tag. Während große, lange Wellen noch Richtung Land aufliefen, standen dem gegenüber die Wellen, die in Windrichtung aus der Bucht raus wollten. Ich hatte leider weder ein Händchen für die Starts noch die richtige Kreuzseite und so beschloss ich einfach, das Beste daraus zu machen und die letzten warmen Sonnenstrahlen auf dem Wasser nur noch zu genießen. Während das erste Rennen noch bei 6–7 Knoten startete, ging der Wind im zweiten Rennen wie eigentlich jeden Tag immer weiter runter. Im Ziel hatten wir jedenfalls nicht mehr genügend Wind, um selbstständig in den Hafen zu fahren. Zum Glück war das Startschiff so nett und schleppte uns mit rein. Ein Motorboot hatten wir nämlich leider nicht dabei.

Trotz eines eher mäßig erfolgreichen Tages auf dem Wasser beendete ich die Regatta auf Platz 26, was Gesamtrang 9 bei den Damen bedeutete. Einen Pokal gab es tatsächlich auch noch dafür. Nach der Siegerehrung hieß es dann flott ins Auto und ab zum Flughafen. Mein Flieger startete um 20:30 Uhr in Alicante. Noch etwas essen und dann ab nach Hause.
Jessica Timm