Kupferne Rohrdommel – Mein Saisonauftakt
Mann ist das kalt. Wochenende wird gesegelt.
Na ja, Wetter soll besser werden. Wenigstens ist es schon mal trocken. Samstag ist meine Frau mit dem Auto unterwegs. Macht nix, kann das Boot am Freitag schon rüber bringen. Sind nur 5 km. Dann fahr ich Samstag mit dem Fahrrad.
Boot steht in der Garage. Wollte im Winter eigentlich `ne Kleinigkeit am Mast machen lassen. Wie immer, ist nix geworden. Garage auf. Vogelscheiße auf der Persenning. Blick nach oben. Da bauen sie wieder, die Rauchschwalben, wie in jedem Jahr. Das Nest am Sparren ist schon halb fertig. Boot aus der Garage, Blick unter die Persenning. Noch alles drin? Segel aufgerollt am Baum, Pütz, Schleppleine, hm Schwimmweste fehlt. Ach ja, die hatte Michaela einer Freundin ausgeliehen, ist wieder da und liegt im Haus. Also Schwimmweste ins Boot, Werkzeugkiste in den Kofferraum, Boot auf den Haken und ab nach Hüde. Slipwagen vom Anhänger, Mast aufgestellt, Persenning wieder rüber. Soll wohl klappen, morgen, mit der Regatta, 2 – 3 Beaufort sind angesagt und Sonne, super!
Samstagmorgen, sonnig, aber kühl. Was zieh ich an? Entscheidung getroffen, gute Wahl, denk ich.
Ankunft Hüde 11:30 Uhr, mit dem Fahrrad. Reichlich Zeit bis zum Start. Guten Morgen, guten Morgen, hallo, wie geht`s, schön das du da bist, lange nicht gesehen, frohes Neues Jahr etc.
Boot klarieren und zu Wasser lassen, dann noch ein bisschen Smalltalk. Segelklamotten ziehe ich später an.
„Hey, kannst du mal den Anhänger übernehmen und ihn wieder aus dem Wasser ziehen?“ „Na klar, gib die Leine!“ Anhänger rollt die Rampe runter, Boot gleitet ins Wasser. „Danke schön“, steige auf`s Vorschiff, gebe einen eleganten Schwung achteraus. Sieht bestimmt gekonnt aus. Ab ins Schiff, Schwert ein Stückchen runter lassen, nicht zu weit, vor dem Hafen ist es flacher. Griff nach dem Paddel, nehme Platz an Steuerbord, die Jeans ist glatt, Boot auch, rutsche nach außen, refelxartiger Griff, zum Schwert, Boot neigt sich, ich auch.
Die Wahl: Mit oder ohne Boot ins Wasser? Ohne! Hand befreit sich vom Schwert, Blick zum strahlend blauen Himmel, Hineingleiten ins kalte Nass begleitet von einem Aufschrei:“Sch….!“
Von meinem Fluchen über mich selbst möchte ich nicht berichten. Da schwimmt was, meine Sonnenbrille, vorm Untergang gerettet. Ab ins Boot und zum Steg gepaddelt. Sch…., was bin ich nass und die Klamotten schwer! Wat nu? Plan B: nach Hause, natürlich mit Fahrrad, umziehen und zurück. Hab ja Zeit. „Was ist denn mit dir los?“ war die Frage meiner Frau. „Dümmertaufe, gleich im Hafen,“ antwortete ich kleinlaut und grummelnd. Klamottenwechsel. „Du, ich habe gerade die Spargelsuppe heiß. Willste die essen?“ Blick auf die Uhr. Geht! Miam, miam miam, hat der Reinfall doch was Gutes! Noch`n Kuss und wieder los.
Hüde. Nur wenige O-Jollen auf dem See, kein Laser. 1- 2 Beaufort. Was ist denn hier los? Startverschiebung. 13:15 Uhr, Flaute, still ruht der See.
Warten! Schwacher Wind kommt immer mal wieder auf, mal von hier, mal von da. Ein Startversuch gegen 16:15 Uhr. Die Regattiere segeln zur Startposition und kehren im Schlepp der freundlichen Motorbootfahrer zurück in den Hafen.
Abends im einladenden Clubhaus der SVH: lecker Essen, lecker Biere, Klönschnack und ein malerischer Sonnenuntergang über dem See.
4 Wettfahrten waren ausgeschrieben. Sonntagmorgen, 10:00 Uhr, Start zur ersten Wettfahrt bei 4 Beaufort, Böen 5 und strahlendem Sonnenschein. Da gings gleich kräftig zur Sache. Einige Laser schon vor dem Start im Vollwaschgang.
Lange Startlinie, perfekt ausgerichtet, sauberer Start. Detlef Munke ganz vorn dabei, Riss der Luvwante, Rückfall auf Platz drei und nach dem Runden der Leetonne ein Rendevous mit einem Rettungsboot, welches einem Laser geholfen hatte, nun in der Bahn lag und von einer Böe erfasst wurde. Der Bug wurde herumgedrückt, gerade in dem Moment, als Detlef passieren wollte. Die Entscheidung, Gas zu geben, führte dazu, dass das Motorboot Detlef weiter nach Lee drückte und ihn kenterte. Diese Wettfahrt beendete Detlef mit Platz 7, konnte wegen der gebrochenen Wante aber nicht mehr weitersegeln. Richtig dumm gelaufen. Schade Detlef, denn wir wissen: Du liebst Regatten mit ordentlich Druck in der Luft.
Diese Wettfahrt beendete Frank Sinde als Sieger.
Der Winde frischte auf 5 Beaufort auf und drehte etwas südlicher. Die Bahn wurde vom souveränen Wettfahrtleiter Thomas Budde korrigiert. Das dauerte eine Weile, weil der Wind sich nicht entscheiden konnte.
Hatte die erste Wettfahrt schon an den Kräften gezerrt, so tat die lange Pause danach noch einiges dazu. So kam es, dass zum zweiten Lauf nur noch 11 O-Jollen am Start waren. Aber die dabei waren haben gefightet, dass es eine wahre Freude ist. Nach reichlichen Führungswechseln und Positionskämpfen entschied Kai Mölders Wettfahrt 2 für sich.
Die dritte Wettfahrt kam gleich im Anschluss. Der Wettfahrtleiter hatte ein Einsehen und setzte verkürzte Bahn. Gefühlt war der Wind noch stärker geworden. Böen von 6 Beaufort waren mit Sicherheit zahlreich dabei. Man sah fliegendes Wasser und fliegende O-Jollen. Alle sind oben geblieben. Ich auch. Ein Wunder! An der Spitze sah man immer wieder andere. Auf der Zielkreuz war Rolli vorn, dahinter Kai und ich, alle auf Steuerbord. Harry und Frank legten um auf Backbord, etwas später auch ich. Leichte Drehungen und Böen mitnehmen, einige Wenden und dann nur noch wenige hundert Meter zum Ziel. Nun lag Harry vorn, Frank war inzwischen auch rechts und kam auf Backbordbug, etwas weiter zurück Kai und Rolli. Ganz rechts raus war anscheinend blöd. Harry wendete, steuerte Tonne 1 an und ging auf Raumschotkurs – er hatte wohl kein Einsehen.
Ich wendete 20 Meter vor Frank und hatte einen Anlieger auf das Ziel. Aber auch mir blieb keine Peinlichkeit erspart. Direkt nach der Wende, keine 200 m vor dem Ziel, rauschte meine Großschot raus. Mann o Mann. Freundlicherweise übernahm es Frank, als erster die Ziellinie zu überqueren, den Gesamtsieg souverän zu ersegeln und mit der Rohrdommel nach Düsseldorf davonzuflattern. Herzlichen Glückwunsch, Frank! Danke an alle Mitsegler. Es war ein schönes Wochenende.
Harry Ab, GER 1454.