Nachdem mein letzter Bericht vom Torfmoorcup wohl sehr unterhaltsam war, folgt nun eine wahrscheinlich deutlich nüchternere Erzählung. Es war halt eine (fast) ganz normale Dümmeregatta und das ist natürlich deutlich unspektakulärer als die ganzen Besonderheiten des Hörsteler Tümpels. Also liegt der Schwerpunkt heute mehr auf den Wettfahrten.
Am Samstag war Ballermann. Dementsprechend checkte ich nochmal alles an meinem Boot durch, was potentiell gerne mal kaputt geht. Mein Augenmerk lag da primär auf der Scheuerstelle am Fall, einer fest geknoteten Mastsicherung und dem Zustand der Blöcke am Baumniederholer. Dann hatte ich noch mein Mastfall von 46 auf 43 nach unten korrigiert und es konnte losgehen. Das Wetter war ganz in Ordnung, 13 Grad bewölkt. Ausreichend um den 5mm Neoprenanzug aus der Tasche zu holen. Regenjacke drüber, Neosocken an und Abfahrt.
Das Raussegeln war schon die erste Hürde. Aufgrund des enorm niedrigen Wasserstands war nur die linke Hafenausfahrt passierbar. Larson hatte rechts sondiert: „Knöcheltief“. Leider stand der Wind so blöd, dass ich zwei Anläufe brauchte, um dann mit einem guten Dreher das Hafenbecken verlassen zu können. Dann ging es erstmal weit raus auf den See und mit 300m Querabstand zur hohen Sieben konnte dann der Plastiksplint durchs Ruderblatt gedrückt werden. Nun hieß es abfallen und in Rekordgeschwindigkeit zum SCD gleiten. Gesegelt wurde Inner/Outerloop. Flagge Frankreich war innen, Dänemark außen. Der erste Start ging durch und wir kreuzten Richtung Luvtonne. Nach ein paar Minuten Fahrt konnten wir Segler die Luvtonne aber immer noch nicht sehen und es wurde komisch. Ich warf einen langen Blick nach hinten und sah in lee vom Startboot noch zwei Tonnen. Ach du heilige. Wir alle hatten die Luvtonne mit der Leetonne verwechselt. Finde ich persönlich auch naheliegend, dass das die Startkreuz nach 2-3min noch nicht vorbei ist. Naja, die anderen Europes fielen schon ab und ich durfte 50m aufholen, die ich eigentlich schon in der Tasche hatte. Gepumpt werden musste nicht mehr, denn das Boot fuhr auf dem Downwind auch bei 60 Grad Segelöffnung in Gleitfahrt frontal durch die Wellen. Zurücklehnen und nicht kentern war also das Motto. Es lief ganz gut und kurz vorm letzten Halbwind lag ich auf Rang 2. Dann hatte ich immerhin nach dem Pech auf der Startkreuz jetzt endlich Glück: Jens Tschentscher kenterte bei der letzten Rundung und ich konnte den Lauf noch auf 1 beenden. Danach war schon Feierabend. Für einige Opti- und Teenysegler war es wohl zu viel. Sehr schade war, dass der Kurs so kurz war. Die Wettfahrt ging nur eine gute Viertelstunde. Mehr als Streckbug fahren ging also nicht.
Naja, man muss ja immer das Beste draus machen und so ging ich schnell duschen und kuschelte mich in den Schlafsack im Wohnwagen und war vollkommen bereit, das Revierderby zu schauen. Modeste war leider nicht der Bringer und Gott sei Dank erlöste uns Moukoko, sodass wir wichtige drei Punkte mitnehmen konnten und am Ende des Tages Tabellenführer waren. Also schon durchaus ein erfolgreicher Tag. Dann gings noch zum Abendessen beim SCD. Es gab Spaghetti Bolo. Leider keine vegetarische Variante. Das finde ich im Jahr 2022 schon ziemlich schwach. Noch nicht einmal Pesto war in der Küche. Also mussten einige Segler aus unserem Team zur Ketchupflasche greifen. Naja. Vielleicht gibt es ja nächstes Jahr eine Verbesserung.
Apropos Verbesserung: Die Wettfahrtleitung hat sich von Samstag auf Sonntag stark gesteigert. Die Rennen am Sonntag gingen jeweils eine gute halbe Stunde. Das hat dann richtig Spaß gemacht. Und auch dass wir Europes zwischen den Optis gestartet wurden, war wirklich super. Da war glaube ich jeder Segler sehr dankbar. Generell war das Segeln am Sonntag wirklich ein Traum. Es gibt nichts Besseres als 3-5 Windstärken Westwind. Da hat uns der Regen auch nichts aus gemacht, wir waren ja eh nass. Wettkampftechnisch wurde es am Sonntag auch nochmal richtig spannend. Jessi hatte spontan nachgemeldet und mit 3 geplanten Läufen am Sonntag und nem Streicher von Samstag noch die Chance, das Halbmodell mit nach Hause zu nehmen. Den ersten Lauf konnte sie schonmal für sich entscheiden. Ich hatte das Schwert zu weit oben gefahren (angekippt +8cm). Ab dem zweiten Lauf schob ich es 5cm weiter nach unten. Das war ein Unterschied wie Tag und Nacht. Das Rennen war sehr knapp, aber Jessi war auf dem Downwind einfach verdammt schnell und so entschied sie auch den zweiten Lauf für sich. Im dritten Lauf war mir dann klar, dass ich all in gehen musste. Ich startete ganz links und konnte die Nachstartphase gut ausfahren. Ein Wende und ich war auf dem Streckbug. Der Wind spielte mit und kippte langsam nach links und ich konnte meinen Querabstand auf Jessi und Jens ausbauen. Mit 20 Metern Vorsprung an der Luvtonne ging es motiviert auf den Downwind. Dort kann Jessi zwar nochmal auf 10m ran aber die folgende Kreuz wurde dann konservativ gefahren: Streckbug zwischen Gegner und Tonne. Ich konnte nochmal gut Meter machen. Mit einem letzten Pumpworkout wurde der Vorsprung komfortabel gehalten. Platz eins im Lauf und auch Overall. Mein erster Regattasieg nachdem ich 2015 mit dem Europesegeln begonnen hatte. Ich freue mich sehr und kurioser Weise hatte Jessi wahrscheinlich einen großen Anteil daran. Denn in den letzten Wochen hatten wir den Trainingsschwerpunkt unter anderem aufs Pumpen gelegt. Neben einer neuen Sitzposition, die mir deutlich mehr Sicherheit gibt, mache ich das Segel nicht mehr so weit auf. Dadurch fühlt sich der Downwind mehr nach einem Raumschotskurs an, solange man im Flow bleibt. Die Geschwindigkeit muss halt im Boot bleiben, dann rutscht es sich beim nächsten Pumper auch wieder einfacher an. Das hilft mir persönlich bei Bedingungen von 12-18kn. Bei mehr Druck fahre ich dann doch gerne in größeren Bögen die Wellen aus. Als Preise gabs neben dem besagten Halbmodell Tassen und Katjes für Alle. Da hat sich unser VegArner sehr gefreut ;). All in all also hinten raus dann noch eine wirklich schöne Regatta.
Mathis Vorndran