Aus dem Wittlager Kreisblatt vom 12.05. :
Segel gesetzt, auf dem Land wie auf dem Wasser
von Jana Witte
Warum die Seglervereinigung Hüde weiter auf Wachstumskurs ist und warum es dort um mehr geht als „nur“ ums Segeln auf dem Dümmer
Optimisten liegen bei der Seglervereinigung Hüde (SVH) nicht nur im Hafen. Denn die Organisation verzeichnet Zulauf. Kürzlich ging ein anderer Club in der SVH auf, nun kommen weitere neue Mitglieder hinzu. Anlass genug für einen Ortsbesuch am Dümmer.
Die positive Grundhaltung spiegelt sich hier vielerorts wider, denn durch intensive Jugendarbeit und Aktivitäten auch außerhalb des Segelns erfreut sich der Verein an stetigen Neuzugängen, jung und nicht mehr so jung. Die Kleinsten lernen das Segeln in den kleinsten Booten, „Optimisten“ genannt, die die Grundeinstellung des Vereins beim Segeln gleich mit vermitteln. Mitte April startete ein Anfängerkurs, der allein schon rund 20 neue Segler ausbildet – viele im Vergleich zu anderen Vereinen.
Außerdem kann sich der Verein über neue Mitglieder freuen, die durch die Übernahme des Bielefelder Segelclubs (BSC) herübergeschwappt sind. Die Bielefelder klagten zuletzt über Überalterung und fehlenden Nachwuchs, sodass seit Ende 2019 eine Übernahme durch den benachbarten Club in Hüde im Gespräch war. Zum Anfang dieses Jahres ging der BSC dann in den Hüder Club über. Der Zusammenschluss konnte aber zum Bedauern des ersten Vorsitzenden Uwe Fischer noch nicht gebührend gefeiert werden: „Die Pandemie verbietet das ja leider. Wir würden gern eine Willkommensparty für unsere Neuzugänge geben, damit wir uns alle besser kennenlernen und die Zusammenführung auch emotional gestaltet werden kann – und nicht nur auf dem Papier.“
„Wir heißen aber auch die Kaffeesegler bei uns im Vereinsheim willkommen, wir sind offen für Gäste und freuen uns über den Austausch“
Uwe Fischer
1. Vorsitzender
Nach Angaben des Vereins richtet er jährlich die meisten Regatten auf niedersächsischem Gebiet aus. Viele Jugendliche aus Hüde segeln im Europe-Team Niedersachsen, das auf internationaler Ebene genauso erfolgreich ist wie mit heimischer Mannschaft auf nationaler. Zusätzlich stellt der Verein das Landeszentrum für Segelsport dar. „Wir heißen aber auch die Kaffeesegler bei uns im Vereinsheim willkommen, wir sind offen für Gäste und freuen uns über den Austausch“, betont Fischer. So kommt es vor, dass auch mal ein Segler aus Chile in Hüde gastiert.
Daheim sind die Segler in einem Hafen, der 2006 zu einem ökologischen Hafen wurde. Die Sanierung wurde nicht nur mit öffentlichen Mitteln gefördert, sondern zeigte, dass der Verein den Umweltschutz lebt. Die Förderung der Sanierung verpflichtete den Club zu 3500 Stunden freiwilliger Arbeit, bei 6000 Stunden habe der Verein aufgehört zu zählen. Ein Problem sei damals gewesen, „dass dieser ökologische Hafen für die gleiche Zahl an Booten die doppelte Menge Platz braucht. Die Erweiterung des Hafens würde also ins Naturschutzgebiet greifen“, erinnert sich Fischer. Ein Kontakt im Landwirtschaftsministerium konnte dann weiterhelfen, man einigte sich auf eine Ausweichfläche für das Schutzgebiet an anderer Stelle. Die Maßnahmen, die der Verein zum Umweltschutz ergreift, haben dafür gesorgt, dass die „Blaue Flagge“ als internationales Umweltschutzzeichen auf dem Vereinsgrundstück gehisst werden darf.
Martin Läer, Mitglied in der SVH, ist angetan von den Auswirkungen: „Wir haben hier Fisch-, Vogel- und Pflanzenarten, die schon sehr selten geworden sind, aber bei uns vermehren sie sich gut, und der Bestand kann sich erholen!“
„Wir haben hier Fisch-, Vogel- und Pflanzenarten, die schon sehr selten geworden sind, aber bei uns vermehren sie sich gut, und der Bestand kann sich erholen!“
Martin Läer
Auch für Umweltforschungsprojekte stellt der Verein seinen Hafen zur Verfügung und hilft bei der Sichtung von Nestern und Regulierung von Gänsenachwuchs. Das Schilfrohr bedeckt wieder mehr Uferfläche als noch vor ein paar Jahren. „Das reicht aber noch nicht. Das soll noch bis an den Steg heranwachsen, vielleicht sogar weiter!“, so Läer. Ein Meter fehlt noch bis zum Steg.
Die Stege machen einen besonderen Charme im umweltfreundlichen Hafen Hüdes aus. So konnte auf Spundwände verzichtet werden, die in der Regel aus Metall oder umweltunfreundlich bearbeitetem Holz bestehen. Hier aber ist das Ufer natürlich, es gibt Aufschüttungen zu kleinen Inseln im Hafen, und Brücken führen zu Stegen, die dann zu den Booten führen. Das mache es für Fische und Vögel einladend, im Hafen zu laichen oder brüten. Zu Vogelzugzeiten würden die Hafenbecken mit Leinen überspannt, damit die vorbeiziehenden Vögel nicht die jungen Fische aus dem Wasser holen.
Und was bietet die Seglervereinigung für den Nachwuchs? Seit Sommer vergangenen Jahres bauen die Jugendlichen des Vereins unter Leitung von Alexander Wolf einen alten Roncalli-Zirkuswagen, einen sogenannten Oberlichtwagen, zu einem Treffpunkt um. Die Mittel werden aus Spenden gezogen, den Umbau können sie auf dem Firmengelände von Martin Läer machen. „Wir wollten halt auch einen gemeinschaftlichen Anlaufpunkt für diejenigen schaffen, die nicht so intensiv segeln, damit die sich im Verein nicht abgehängt fühlen“, berichtet Wolf. Pandemiebedingt treffen sich die Jugendlichen jedes Wochenende in Kleingruppen, um an dem Wagen zu arbeiten.
„Das Miteinander wird hier wirklich großgeschrieben.“
Thomas Schrader
Jugendwart
Thomas Schrader, Jugendwart der SVH, betont, dass das Motto „Mehr als Segeln“ sich in allen Bereichen des Vereins wiederfindet: im Umweltschutz, im Umgang untereinander, in vielen Aktivitäten. So findet zum Beispiel einmal im Jahr der „Pulloverball“ statt, einen Ball in legerer Kleidung. „Das Miteinander wird hier wirklich großgeschrieben.“ Das spricht sich herum.
Uwe Fischer erzählt: „Es gibt einen gigantischen Zugang an Neumitgliedern in allen Altersklassen.“ Darunter auch die Anfänger, die Mitte April starten durften. Die Pandemie wirkt sich nur bedingt aus, denn Segeln als Individualsport darf weiterhin betrieben werden.