ökologische Hafensanierung

Ökologische Hafensanierung am Dümmer
DBU-Projektnummer AZ 23400
-Abschlußbericht –

1. Die Idee

Die Seglervereinigung Hüde e.V. (SVH) besteht seit dem 01. September 1954 als Zusammenschluß von Menschen, die von der Schönheit des Dümmer Sees und seiner Umgebung ergriffen waren und die alte Tradition des Segelsports in dieser Landschaft fortsetzen wollten. In den frühen 60er Jahren wurde der damalige Hafen angelegt, der den Ansprüchen dieser Zeit entsprach: Möglichst kompakt, einfach zu bauen und zu unterhalten und ohne Anspruch an Ästhetik und Naturschutz. Die Befestigung des Hafens bestand ausschließlich aus Stahlspundwänden, die im oberen Bereich mit Eichenholz verplankt wurden. Zur da-maligen Zeit wurde der Hafen mitten in den dichten Schilfgürtel hineingebaut, der den Dümmer damals im Uferbereich umgab. Einige Jahre später wurde das im Norden an den Hafen angrenzende Gebiet unter Naturschutz gestellt, die Grenze zu diesem Naturschutzgebiet verlief direkt an der Nordkante des kleinen Hafens. Durch die fortschreitende Eutrophierung des Dümmer Sees in den 70er und 80er Jahren verschwand der Schilfgürtel der Uferzone bis auf wenige Restbestände vollständig. Damit verringerte sich auch die ökologische Bedeutung des ausgewiesenen Naturschutzgebietes an der Nordseite des Hafens, wo der frühere dichte Schilfgürtel nunmehr durch eine offene Wasserfläche abgelöst wurde. Im Jahre 1998 hat sich die SVH erstmalig um eine „Blaue Europaflagge“ der Europäischen Gemeinschaft beworben. Dabei handelt es sich um eine Auszeichnung der FEE (Föderation für Umwelterziehung in Europa) für besonderes Engagement von Sportboothäfen im Umweltschutz. Im Rahmen dieser Bewerbung, die bereits 1997 vorbereitet wurde, entstand die Idee für einen neuen Hafen, der das bisherige „quadratisch-praktische“ Konzept ablösen sollte. Der vorhandene Hafen sollte unter streng ökologisch-ästhetischen Gesichtspunkten und unter Beachtung der örtlichen sensiblen Situation der Flora und Fauna saniert werden. Durch den völligen Verzicht auf Stahlspundwände und einer statt dessen großzü-gig angelegten Steinschüttung mit naturnaher Bepflanzung sollte eine Hafenanlage ent-stehen, die sich organisch in die Dümmerlandschaft einfügt und eine ökologische Aufwertung des Gebietes zum Ziel hat.

2. Die Planungs- und Genehmigungsphase

Nachdem die ersten Ideen, wie eine solche ökologische Hafensanierung aussehen könnte, bei einer kleinen Gruppe von SVH-Mitgliedern gereift waren, wurde im Jahre 1999 ein Architekturbüro damit beauftragt, einen ersten Entwurf für eine Hafensanierung zu erstel-len. Anfang des Jahres 2000 wurde eine erste Anfrage bei der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Diepholz im Hinblick auf die grundsätzlichen Realisierungsmöglichkeiten des Vorhabens gestellt. Die Anfrage wurde als nicht realisierbar abgelehnt, insbesondere mit dem Hinweis auf eine Flächenausdehnung in nördlicher Richtung im Bereich des Naturschutzgebietes. Dem schloß sich eine intensive Diskussion mit verschiedenen Behör-den auf Bundes-, Landes- und Landkreisebene an, die Idee wurde mit verschiedenen Na-turschutzverbänden diskutiert und im Laufe der nächsten Jahre immer wieder modifiziert, umgestaltet und korrigiert.  Durch diesen intensiven Diskussionsprozeß entstand schließlich ein konkretes Vorhaben, das insbesondere durch seine nachgewiesene ökologische Aufwertung der gesamten Situation am Dümmer überzeugte. Schließlich wurde im Dezember 2003 die wasserrechtli-che und naturschutzrechtliche Genehmigung zur Durchführung der ökologischen Hafensanierung erteilt. Es dauerte fast weitere zwei Jahre, um die Finanzierung des Projektes endgültig zu sichern. Im Oktober 2005 fand der erste Spatenstich zum Beginn der Arbeiten statt, Ende Mai 2006 konnten die ersten Schiffe im neuen Hafen zu Wasser gelassen werden.

3. Die Bauphase

Die gesamte Bauphase zeichnete sich durch ein sehr hohes Engagement der Clubmit-glieder aus, die von Anfang an mit Sachspenden, Geldspenden und insbesondere erheb-lichen persönlichen Arbeitseinsatz auf der Baustelle an der Realisation beteiligt waren. Durch unzählige Arbeitsdienste an Wochenende und während der Winter- und Osterferien wurden insgesamt über 5.600 Arbeitsstunden durch die Mitglieder der SVH auf der Baustel-le geleistet. Die Baggerarbeiten wurden im Winter 2005/2006 immer wieder durch Hochwasser und Stürme erschwert, frisch ausgebaggerte Hafenbecken wurden immer wieder durch Deichbrüche überflutet. Mehrfach mußten über das Wochenende versunkene Baufahr-zeuge aus dem Wasser gezogen werden. Die Baggerarbeiten wurden durch den Tod ei-nes Baggerfahrers überschattet, der mit seinem Bagger innerhalb des Hafenbeckens um-kippte und dabei ertrank. Zum Andenken an diesen Vorfall wurde im neuen Hafen an ei-nem Findling eine kleine Gedenktafel angebracht. Insgesamt betrachtet konnte das Projekt jedoch praktisch vollständig unter Einhaltung der verschiedenen Auflagen aus der Plangenehmigung realisiert werden. Am 12. August 2006 fand die offizielle Einweihung des Hafens mit einer großen Feier statt.

4. Erste Erfahrungen mit dem neuen Hafen

Bereits vor und während der Bauphase wurden an verschiedenen Entwässerungsgräben am Rand des Dümmers und im Bereich der Baugrube Rhizome von Schilf und Röhrichtpflanzen gesammelt und vorsichtig durch Teilung vorhandener Pflanzen gewonnen. Dieses Pflanzenmaterial wurde insbesondere zur Begrünung der im Hafenbecken befindlichen Steinschüttung verwendet und durch hinzugekaufte heimische Arten ergänzt. Im Frühjahr und Sommer 2006 haben sich diese Pflanzungen sehr gut etabliert. Das auf einer vorgelagerten kleinen Insel auf der Westseite des Hafens angepflanzte Röhricht ist leider aufgrund des sehr trockenen Sommers 2006 nicht angegangen. Die Pflanzung wurde im Frühjahr 2007 erneuert.  An der Nordseite des Hafens entwickelt sich in einem durch Steinschüttungen geschützten Bereich derzeit eine typische Spontanvegetation, die an wechselnde Wasserstände angepaßt ist. Die zunächst geplante Bepflanzung eines 200 m langen Gürtels an der Nordsei-te parallel zum Deich wurde in Abstimmung mit der Naturschutzbehörde zunächst zurückgestellt, da bisher noch nicht geklärt werden konnte, wie und wo autochtones Pflanzenmaterial für diesen Bereich gewonnen werden kann. Interessanterweise kann jedoch schon jetzt beobachtet werden, daß sich die wenigen noch vorhandenen Schilfbestände entlang des Deiches an der Nordseite, die innerhalb der gesetzten Eichenpfahlreihe wachsen und somit brandungsgeschützt sind, gut erholt haben und sich weiter ausbreiten. Am 01. Dezember 2006 fand dazu ein Kolloquium im neuen Hafen der SVH statt, an dem Vertreter der Naturschutzbehörden und Naturverschutzverbände teilnahmen. Dabei wurde insbesondere die Bepflanzung und die oben beschriebenen Beobachtungen begut-achtet und erörtet. Das Kolloquium soll in jährlichen Abständen fortgesetzt werden, um die Entwicklung des Pflanzenbestandes weiter zu beobachten und weitere Maßnahmen zu besprechen. Noch während der Bauphase und im gesamten Sommer 2006 wurden im Hafenbecken des öfteren größere und kleinere Fische beobachtet, die sich bevorzugt im Bereich der Steinschüttungen und neu gesetzten Wasserpflanzen aufhielten. Im Herbst 2006 und Winter 2006/2007 wurden größere Fischschwärme im Hafenbecken gesichtet, insbesondere nach Abschluß der Segelsaison, nachdem alle Schiffe aus dem Hafen entfernt wurden. Wäh-rend des gesamten Winters 2006/2007 wurde der Hafen von mehreren Tausend Möwen bevölkert, die den ganzen Tag damit beschäftigt waren, im Hafenbecken zu fischen. Offensichtlich hatten Fische im Sommer die Steinschüttungen innerhalb des Hafens als Laichplatz entdeckt und für eine erhebliche Ausweitung des Fischbestandes im Hafenbereich gesorgt, was wiederum durchziehende Möwenbestände im Winter angelockt hat. Auch diese Beobachtung wurde von den Teilnehmern des Kolloquiums positiv bewertet. Die vielen Inseln und kleinen Buchten im neuen Hafen dienten im gesamten Winter auch als Rastplatz für verschiedene durchziehende Wasservögel. Die in der Saison 2006/2007 durchgeführten Regatten mit internationaler Beteiligung konnten diesmal ohne die früher regelmäßig zu beklagende Beeinträchtigung des angrenzenden Naturschutzgebietes durchgeführt werden, weil durch den neuen Hafen eine ausgedehnte Pufferzone zwischen dem genutzten und dem nicht genutzten Bereich mit Übergang zum Naturschutzgebiet geschaffen wurde. Der Regattabetrieb konzentriert sich da-mit auf die Südseite des Hafens und ist räumlich durch die Architektur des Hafens und die Bepflanzung vollkommen getrennt vom sensibleren Nordteil.

5. Öffentlichkeitsarbeit/Photodokumentation

Die gesamte Bauphase ist in über 1.000 Photos von Mitgliedern der SVH dokumentiert worden. Auf der Website der Seglervereinigung Hüde ist unter www.svh-duemmer.de eine ausführliche Projektbeschreibung der ökologischen Hafensanierung hinterlegt sowie die gesamte Photodokumentation, sortiert nach unterschiedlichen Bauabschnitten. Die Öf-fentlichkeit ist somit von Anfang an über das Projekt ausführlich informiert worden. Zusätzlich fand eine intensive Pressearbeit statt, die das Projekt in allen Phasen der Entstehung immer wieder durch zahlreiche Zeitungsartikel in der regionalen und überregionalen Presse bekannt machte. Diesem Bericht ist deshalb als Anhang eine CD-Rom mit einer zusam-menfassenden Pressedokumentation beigefügt.

6. Fazit

Mit der erfolgreichen Durchführung des Projektes konnte unter Beweis gestellt werden, daß die Sanierung eines Sportboothafens unter ökologischen Gesichtspunkten in einem sensi-blen Naturraum möglich ist. Eine Aufwertung der ökologischen Situation konnte nicht nur rechnerisch im Rahmen ds Antragsverfahrens nachgewiesen werden, sondern bereits im ersten Jahr nach der Fertigstellung durch Beobachtung der Flora und Fauna im Hafenbecken und dem angrenzenden Naturschutzgebiet. Pflanzen und Tiere haben das neue Gelände sehr schnell angenommen und als Brut- und Raststätte benutzt. Durch die Verwendung von bepflanzten Steinschüttungen statt Stahlspundwänden konnte zusätzlicher Lebensraum für Fische und andere Wasserlebewesen geschaffen werden.  Gleichzeitig konnte die Eignung dieses Hafenkonzeptes für die Durchführung internationaler Regatten unter weitestgehender Schonung der natürlichen Umgebung unter Beweis gestellt werden. Die im Projektantrag beschriebenen Ziele des Vorhabens können somit als vollständig erfüllt betrachtet werden.

Hüde, im September 2007

Dipl.-Ing. Thomas Seidemann
(Umweltbeauftragter der SVH)

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